Staatsgeheimnis Übertritts- und Eignungszahlen

Das Kultusministerium bekennt sich zur beabsichtigten Intransparenz, was die Übertrittszahlen und die Eignungszahlen betrifft. Man möchte keine Veröffentlichung dieser Daten auf Schulebene, weil es zu „Verwerfungen führen“ könnte, und sich Pädagogen dann  „in Schwierigkeiten wiederfinden“ würden. (Quelle: hier) 2011 kommentierte der damalige Vorsitzender des Bildungsausschusses im bayerischen Landtag, Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD), die Intransparenz des Kultusministeriums bzgl. der Übertrittszahlen so: „Entweder die Zeugnisse der Kinder sind objektiv und korrekt, dann kann man die Zahlen der jeweiligen Grundschulen auch bekannt geben – oder man hat etwas zu verbergen.“ (Quelle: hier)

Inzwischen (2018) kann man immerhin die Übertrittszahlen auf Landkreisebene einsehen. Google findet sie zwar noch nicht, aber sie sind im Dokumentenserver des Landtags abrufbar. Noch wesentlich aufschlussreicher sind die Eignungszahlen. Hier werden nicht die tatsächlichen Übertritte an die weiterführenden Schulen prozentual gelistet, sondern die Eignungsempfehlungen für die weiterführenden Schulen. Wenn ein ländlich geprägter Landkreis z.B. einen niedrigeren Übertritt zum Gymnasium aufweist, wird gerne argumentiert, dass es ein Stadt-Lang-Gefälle gäbe, und die Leute auf dem Land ihre Kinder auch gerne in die Realschule schicken, obwohl sie eine Gymnasialeignung hätten. Wirft man hier also einen Blick auf die Eignungszahlen, kann man sehen, wie viele Kinder in einem Landkreis denn auf das Gymnasium bzw. die Realschule gehen könnten. Eigentlich sollten sich hier keine Unterschiede zu anderen etwa städtischen Landkreisen finden. Denn die Kinder auf dem Land sind nicht weniger begabt als die Kinder im städtischen Bereich. Tatsächlich finden sich bei den Eignungszahlen auch gar nicht so große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Überraschend erscheint es aber, dass sich ohne erkennbare Ursachen zwischen verschiedenen Landkreisen sehr große Unterschiede finden lassen. Diese Unterschiede sind stabil, also nicht zufällig. Erlangen hatte 2017 einen Durchschnitt für die Gymnasialeignung von 68%, dieses Jahr wird der Schnitt zwischen bei 66%-70% haben. Im Landkreis Kehlheim war der Schnitt 2017 für die Gymnasialeignung bei 41%, dieses Jahr wird er sich dann zwischen 39%-43% bewegen. Wer gerne Vorteile für die Eignungsempfehlung für sein Kind nutzen möchte, sollte also in einen Landkreis ziehen, der entsprechend hohe Eignungsschnitte hat. Die Zahlen sind über Jahre stabil und man kann mit einer sehr hohen Korrelation von 0,9 davon ausgehen, dass sich der Umzug zumindest diesbezüglich in der Chancenvergrößerung lohnt.

Spannend wäre es natürlich schon, wenn man überprüfen könnte, ob unterschiedliche Grundschulen ähnlich stabile Eignungszahlen haben. Zumindest hätten man dann einen Anhaltspunkt mehr um nachvollziehen zu können, welche Ursachen diese Chancenungleichheit haben könnte. In jedem Fall erscheint es naheliegend, dass das Kultusministerium gute Gründe dafür hat, nicht nur die Lehrer durch das nichtveröffentlichten der Daten zu schützen, sondern auch sich selbst und das bayerische Übertrittssystem an sich. Ob sich diese Intransparenz allerdings halten wird, steht zu bezweifeln. Denn schon zweimal wurde in Deutschland bei Verwaltungsgerichten das Veröffentlichen dieser Daten auf Schulebene erfolgreich eingeklagt: